Willkommen, Schmuddelkind

 

(Erschienen in: Berliner Linke, Nr. 40, 6. Oktober 1995, S. 2)

 

Es ist eigentlich zum Totlachen. Die PDS holt sich Lutz Bertram als Medien­berater. Ausgerechnet den! Der war doch schon erledigt, beruflich wie moralisch. Warum lacht denn keiner über diesen Coup? Das nenne ich Souveränität! Ei­nen ranzukriegen, den alle als toten Hund behandeln. Die guten Genossinnen und Genossen sind sogar entsetzt. Mit so einem in der Partei mögen sie nicht sein. Nun denn, Ihr edlen Revolutionäre, adieu! Es widert mich an, dieses falsche Morali­sieren der Politik. Ich kenne Leute im Dutzend, die, jeder für sich genommen, Grund genug wären, die PDS zu verlas­sen. Wem ging es nicht schon in der DDR so? Und? Immer dabei geblieben? War­um denn heute nicht?- Ich bleibe, weil es mir der Sozialismus mehr angetan hat als das Pharisäertum. Weil ich die Nase voll habe von Ausgrenzungen und Tribualen. Weil Bertram was von seinem Beruf versteht. Weil Bertram für uns arbeiten will. Weil sich alle Welt darüber aufregt. Und endlich, weil der Parteivorsitzende mit seiner souveränen Entscheidung für Bertram zeigt, was die PDS gelegentlich auch ist: eine menschliche Formation. Was zwar nicht viel, aber immerhin etwas ist für eine Partei, die sich für einen Sozia­lismus mit menschlichem Antlitz begei­stert. Oder doch nicht?


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