Zehn Thesen zur Mobilisierung der Partei für die Wahlkämpfe 2005/2006
(Veröffentlicht in: Disput, April 2005)
Die Basis der Zustimmung: Nachhaltigkeit im Engagement und in der Kommunikation
1. Wählerpotenziale verdient man sich in langfristiger Alltagsarbeit, mobilisiert werden müssen sie im Wahlkampf:
- § die immer mehr ungebundenen Wähler, speziell für die PDS die Wechselwähler zwischen PDS und SPD … Psychologie: Wirklich ist, was wirkt! Die Wähler verorten sich auf dem Rechts-Links-Kontinuum, und sie verorten dort auch die SPD wie die PDS. Wir gewinnen sie nur dadurch, dass wir ernst nehmen, was sie an Gemeinsamkeiten zwischen beiden Parteien wahrnehmen. Dass wir versuchen, davon etwas in der Politik und im eigenen Verhalten umzusetzen. Wir müssen das leben, was die Leute in uns Positives sehen. Nicht zuerst die Unterschiede betonen. Nicht den andern bessern wollen oder gar bekämpfen.
- § die eigenen Stammwähler, gerade auch die, deren hohe Erwartungen an die Regierungsbeteiligungen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin enttäuscht wurden …
Es wäre ganz falsch, den Wählern den Schwarzen Peter zuschieben zu wollen: Hättet Ihr doch das Kleingedruckte im Koalitionsvertrag gelesen, richtig zugehört usw. In den sicher überzogenen Hoffnungen der Menschen 2001 in Berlin an Gregor Gysi und die PDS steckte doch nichts, was ein Unrecht, eine Dummheit, was nicht wünschenswert gewesen wäre. Mehr Geld für Bildung, keine Schulschließungen, Arbeitsplätze, keine Kürzungen in der Kultur und Kunst, kein Fluglärm. Arbeit, ein gutes Leben. Die Hoffnungen der Wähler bleiben uneingelöster Auftrag der PDS, ja, diese Hoffnungen und Erwartungen stiften eigentlich auch den Sinn heutigen und künftigen Wirkens der PDS. Die Partei hat etwas einzulösen, zu erfüllen, sie tut es, aber es bleibt noch viel übrig. Zerreißt dieses Band zwischen Wählern und Partei, bescheiden beide sich damit, nur noch Gegenwärtiges zu erhoffen und zu erwarten und auch zu erfüllen, politische Diesseitigkeit auf Jetztzeitigkeit zu reduzieren, dann ist es mit der Partei aus.
- § und alle diejenigen, die sich erst in der letzten, der “heißen” Phase, ja, den letzten Stunden entscheiden werden.
2. Weil es die politische Alltagsarbeit ist, die langfristig Wähler bindet, muss das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Kommunikation vor und während des Wahlkampfes gelten.
Entschlossene und ehrliche Kommunikation! Respekt vor den Wählern. Glaube an das Wort und die Schrift. Misstrauen gegenüber Bildern. Nicht der Schein von Ehrlichkeit, nicht das ehrlich Gemeinte, sondern die Wahrheit. Nicht, was die Leute hören wollen, sondern was richtig ist. Es gibt in der Politik und in der Werbung keine Aufrichtigkeit ohne Wahrheit, Wissenschaft, und keine Wahrheit ohne Aufrichtigkeit.
3. Mobilisierung ist eine strategische Aufgabe, sie bedeutet im Kern das Umschalten der ganzen Partei auf Wahlkampf.
Damit tun wir uns seit einigen Jahren schwer, viele machen “ihr Ding” einfach weiter: Konferenzen, Broschüren, Plakate, Erklärungen usw.
Wahlkampf unterscheidet sich darin, dass er kein Selbstzweck ist, eigentlich nicht von den anderen politischen Situationen. Wer die eine politische Situation nicht bewältigt, eitel, rechthaberisch, selbstverliebt, karrieristisch oder auch sendungsbewusst verblendet, der wird auch im Wahlkampf entweder nicht ablassen von seinem bisherigen Tun oder sich darin ebenso verhalten. Die beiden Situationen bekommen aber ihren gemeinsamen Sinn vom Wähler her: Erfüllung eines Auftrags.
Einheit und Geschlossenheit. Vertrauen.
4. Beteiligung aller an der Vorbereitung, Planung und Umsetzung der Wahlkampagne.
Transparenz. Und Verschränkung aller Ebenen und Strukturen: Stehen alle Länder zu einer Spendenkampagne? Zu einem einheitlichen Erscheinungsbild? Zu kompatiblen Wahlkampfstrukturen, zu abgestimmten Finanzplänen, zu gemeinsamen Schulungen und Trainings?
Diese Situationen kann der eine in der Partei nicht ohne den andern bestehen. Die Pluralität der PDS findet ihre Begründung in der personalen Vielfalt der konkreten Äußerungen der Idee der Menschheit, der Humanität, innerhalb der PDS einerseits. Sie findet sie aber andererseits auch durch die Existenz verschiedener demokratischer Parteien. Es kann daher notwendig die PDS ihre Ziele nicht ohne die andern Parteien in toto erreichen. Wir müssen in einer Demokratie Wahlkampf als einen Wettbewerb auf ein gemeinsames Ziel hin verstehen, gleich, wie weit sich andere in der eigenen Partei oder andere Parteien selbst davon im Verständnis dessen oder im politischen Handeln entfernt haben mögen.
5. Mobilisierung gelingt nur, wenn Mitgliedschaft und Anhängerschaft die Partei als einheitlich und geschlossen erleben.
Ich betone das, weil klare und entschlossene Führung auf Bundesebene entschieden wichtig ist, aber nicht allein das Bild der einheitlich und geschlossen kämpfenden Partei hervorbringen kann. Das ist Sache auch des Führungspersonals in den Ländern und großen Städten!
Geschlossenheit ist ganz in diesem Sinne ein gemeinsames wie geteiltes Bewusstsein des gemeinsamen Auftrages. Führung bedeutet die herausragende personale Repräsentanz dieser Idee. Einer, der den Auftrag auszusprechen ebenso in der Lage ist, wie diesen durch eigenes Handeln zu erfüllen.
6. Professionalität und Kompetenz im Wahlkampfmanagement – auf allen Ebenen!
Es ziehen heute Heerscharen von Beratern und Experten durch die Lande und versprechen gegen Geld jedem die Maximierung seiner Stimmenanteile bei Wahlen. Eine Profession, die sich dadurch definiert, dass sie sich gegenüber Inhalten von politischen Situationen, dem Auftrag der Wähler gleichgültig zeigt, ist letztlich undemokratisch und führt zum politischen Extremismus: Man ist bereit, dem Teufel seine Seele zu verkaufen – sie besteht ja nur in exzellentem Handwerkszeug.
Zielorientiertheit und Identifikation. Sympathie. Gemocht werden.
7. Führen heiß zuerst: Ziele setzen! Polische Ziele. Was will die PDS? Eine Fraktion im Bundestag – das ist unser Ziel, die Wähler (und zuerst unsere Mitglieder und Anhänger) wollen wissen: Was will die PDS im Bundestag? Was will sie erreichen?
8. Dann in der Umsetzung der Ziele: Übereinstimmung der Mitglieder und der Anhänger mit den Wahlkampfthemen und den Kandidaten!
9. Verstand und Herz! Mitglieder und Anhänger müssen die Partei mögen! Stolz und Selbstbewusstsein: Ich bin in der PDS! Ich wähle die PDS!
10. Emotionale Mobilisierung: Die Partei, die Anhänger müssen die Partei im Wahlkampf erleben! Erlebte Einheit und Geschlossenheit. Erfahrene Vielzahl Gleichgesinnter!